Die Zwerge beim Festmahl: Wenn Christen Gottes Wirken nicht mehr schmecken können
Inmitten der oft nüchternen Realität des kirchlichen Lebens in Deutschland, die von Rückgang und Säkularisierung geprägt ist, kann eine Haltung der Resignation leicht um sich greifen. Ein nachdenklicher Artikel des Autors Stephen McAlpine stellt uns die herausfordernde Frage, ob unsere langjährige Gewöhnung an den Niedergang uns blind – oder geschmacklos – für Gottes überraschendes Wirken machen könnte. Er lädt uns ein, unsere eigene geistliche Wahrnehmungsfähigkeit zu prüfen.
McAlpine beginnt seinen Beitrag mit einer eindrücklichen Szene aus C.S. Lewis‘ letztem Narnia-Roman, „Der letzte Kampf“. Darin sitzen ungläubige Zwerge vor einem von Aslan bereiteten, herrlichen Festmahl, sind aber durch ihren eigenen Unglauben unfähig, dessen Köstlichkeit wahrzunehmen. McAlpine zitiert:
„Sie begannen gierig genug zu essen und zu trinken, aber es war klar, dass sie es nicht richtig schmecken konnten. Sie dachten, sie äßen und tränken nur das, was man in einem Stall finden könnte. Einer sagte, er versuche, Heu zu essen, ein anderer sagte, er habe ein Stück einer alten Rübe bekommen, und ein Dritter meinte, er habe ein rohes Kohlblatt gefunden. Und sie hoben goldene Kelche mit reichem Rotwein an ihre Lippen und sagten: ‚Ugh! Stell dir vor, schmutziges Wasser aus einem Trog zu trinken, an dem ein Esel war! Hätten nie gedacht, dass es so weit kommt.‘“
Diese traurige Metapher, so der Autor, könnte auf Christen zutreffen, die aus Vorsicht oder theologischer Nüchternheit zögern, sich über Anzeichen einer neuen geistlichen Offenheit im Westen zu freuen. Er verweist auf einen Artikel im „Guardian“, der eine bemerkenswerte Verschiebung in der Haltung junger Menschen zur Religion beschreibt – weg von der offenen Ablehnung der „Neuen Atheisten“, hin zu einer neuen Neugier. McAlpine warnt davor, dass wir, die wir schon lange am Tisch des Herrn sitzen, am Ende selbst zu den Zwergen werden könnten, die unfähig sind zu tanzen, wenn die Musik spielt. Anstatt jede positive Entwicklung mit Misstrauen zu betrachten, schlägt er vor, „uns ein wenig zu lockern und uns auf etwas von der Freude der Geschichten einzulassen, die wir lesen und hören“.
Theologisch begründet er dies mit dem Hinweis, dass Gott sein größtes Werk oft gerade dann vollbringt, wenn sein Volk schwach ist, wie bei Gideons 300 Mann. Es geht darum, dass Gott allein die Ehre erhält. McAlpine zitiert den verstorbenen Tim Keller, der schrieb: „Das Christentum, wie sein Gründer, geht nicht von Stärke zu Stärke, sondern vom Tod zur Auferstehung.“
McAlpines Reflexion ist eine heilsame Anfrage an uns im deutschen Kontext. Der souveräne Gott ist nicht an unsere soziologischen Prognosen oder kirchlichen Trendanalysen gebunden; sein Geist weht, wo er will. Anstatt uns in einer resignierten oder defensiven Haltung zu verschanzen, ruft uns das Evangelium zu einer freudigen und wachsamen Erwartung auf. Der Herr kann uns einen neuen Geschmack für seine Gnade schenken, damit wir das Festmahl nicht nur selbst genießen, sondern auch die Stühle für die Gäste bereitstellen, die er vielleicht schon einlädt.
Der Originalartikel von Stephen McAlpine ist hier zu lesen: https://stephenmcalpine.com/if-aslan-is-shaking-his-mane-again-why-not-enjoy-the-feast/
