Was, wenn die Flut des Glaubens nicht zurückkehrt?

Inmitten einer zunehmend säkularen Kultur sehnen sich viele Christen nach Anzeichen einer geistlichen Erneuerung. Der australische Autor Stephen McAlpine greift diese Hoffnung in einem nachdenklichen Beitrag auf, stellt aber eine ebenso wichtige wie unbequeme Frage: Was, wenn die derzeitigen Anzeichen eines erwachenden Glaubens nicht die große Wende sind, auf die wir hoffen? Seine biblisch fundierte Analyse bietet eine heilsame Perspektive für Christen im deutschsprachigen Raum, die zwischen Hoffnung und Realität navigieren.

McAlpine beginnt mit dem Bild einer flüchtigen Regenwolke, die am Horizont erscheint, aber nie den ersehnten Regen bringt. Er vergleicht dies mit der dramatischen geistlichen Wende unter Elia am Berg Karmel. Obwohl das Volk sich vor Gott niederwarf, war dieser Moment, so McAlpine, nur ein kurzes Aufleuchten vor dem endgültigen geistlichen Niedergang des Nordreichs Israel. Es war, wie er schreibt, „eher das letzte Aufblühen eines sterbenden Baumes, bei dem das letzte Gedeihen eine Helligkeit und Kraft hervorbringt, die man schon lange nicht mehr gesehen hat.“

Diese Beobachtung überträgt der Autor auf unsere heutige Situation im Westen. Zwar gebe es ermutigende Zeichen – öffentliche Bekehrungen von Intellektuellen oder Statistiken über eine „stille Erweckung“. Doch McAlpine warnt vor voreiligen Schlüssen:

„Aber wir müssen realistisch sein. Für diejenigen, die dies als Chance sehen, den Westen ‚zurückzugewinnen‘ oder dergleichen, besteht jede Möglichkeit, dass dies ein neues Werk Gottes ist, das nicht beinhalten wird, dass das Christentum jemals wieder das Zentrum der westlichen Kultur einnimmt.“

Er argumentiert, dass der Westen kein Anrecht auf eine geistliche Wiederbelebung habe. Schließlich sei das Evangelium eine globale Bewegung, deren Schwerpunkt sich längst in den globalen Süden verlagert habe, während einst blühende christliche Regionen wie die heutige Türkei geistlich verödet sind. Zudem sei die kulturelle und politische Elite dem christlichen Ethos gegenüber weiterhin feindlich gesinnt. Die eigentliche Entwicklung sei möglicherweise nicht eine Rückkehr zum Christentum, sondern zu einer neuen Form des Heidentums:

„Die Flut des Glaubens in Richtung Christentum ist durch das Heidentum genauso gefährdet wie durch den Säkularismus. Es besteht also jede Chance, dass wir uns anstelle von überzeugten Säkularisten von einer plausibel erscheinenden Anzahl ungenierter Baal-Anbeter umgeben sehen werden.“

Die biblische Verheißung, so McAlpine, sei nicht der kulturelle Sieg, sondern die Bewahrung eines treuen Überrestes – jener 7.000, die ihre Knie nicht vor Baal gebeugt haben. Unsere Aufgabe sei es daher nicht, zwanghaft den kulturellen Horizont nach Zeichen des Erfolgs abzusuchen. Vielmehr schließt er mit der Ermahnung: „Vielleicht sollten wir aufhören, nur die Wolken nach Anzeichen von Regen zu beobachten, und sie stattdessen auf Seine Wiederkunft hin beobachten.“

McAlpines Analyse ist eine heilsame Ernüchterung, die uns von dem Druck befreit, kulturelle Relevanz herstellen zu müssen. Sie verankert unsere Hoffnung nicht in der Wiederherstellung eines „christlichen Abendlandes“, sondern in der souveränen Gnade Gottes, die sich einen Überrest erhält, und in der sicheren Verheißung der Wiederkunft Christi. Unsere Berufung ist es, in dieser Gewissheit treu, liebevoll und freudig Zeugnis abzulegen, ganz gleich, ob die Wolken Regen bringen oder nicht.

Der Originalartikel von Stephen McAlpine ist hier zu finden: https://stephenmcalpine.com/what-if-the-tide-of-faith-doesnt-come-back-in/

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